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Eine närrische Zeitreise erster Klasse

von Peter Haller
Immendinger Hansele in den 1930er Jahren
Frittlingen Narren ziehen mit dem Narrawägele heischend von Haus zu Haus.
In den 1920er Jahren hat der Elzacher Pfarrer Groß versucht, die „wüsten Gfrisser“ durch die gefälligeren Villinger Narroschemen zu ersetzen. Der Versuch schlug allerdings fehl.
Die erste Schramberger „Da-Bach-na“-Fahrt.

Mit seinem neuen Fasnetsbuch „Schwäbisch-alem annische Fasnet in alten Bildern" füllt Wulf Wager eine weitere Lücke in den Bücherregalen vieler Fasnetsfreunde. Gab es bisher historische Fasnetsaufnahmen meist nur in lokalbezogenen Publikationen zu sehen, so hat Wager nunmehr über 2500 historische Bilder aus dem gesamten Bereich der schwäbisch-alemannischen Fasnet sowie dem Odenwald aus den Archiven von Narrenzünften und sonstigen Institutionen sowie aus Privatbeständen zusammengetragen und präsentiert in diesem liebevoll gestalteten Bildband fast 400 davon: Fotos, Bilder, Zeichnungen und Postkarten aus der Zeit von ca. 1850 bis 1950, die von besonderer fotografischer Qualität und/oder herausragender fasnächtlicher oder historischer Bedeutung sind.

Dem eigentlichen Bildteil voran steht, sozusagen als Präludium, ein textlicher Vorspann unter dem Titel „Der Narren Eitelkeit“. Darin widmet sich Wager parallel der Entwicklung der Fasnet sowie der Fotografie, von der ersten bekannten Fasnetsfotografie aus dem Jahre 1865 über Fasnetsdarstellungen auf Bildpostkarten insbesondere aus den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, die als das „goldene Zeitalter“ der Postkarte gelten, bis hin zu Schauspielfasnachten, Fasnetsverboten und den ersten Narrentreffen in den 1920er Jahren, denen die Gründung der VSAN vorausging.

Es folgt der eigentliche Hauptteil, die Bilder, die, sortiert nach den Landschaften der Einteilung von Wilhelm Kutter zuzüglich Odenwald, in einzigartiger Weise dokumentieren, wie die Fasnet einstens war, was geblieben und was verloren gegangen ist. Sie sind beeindruckender Beleg dafür, wie Prinz Carneval zeitweise selbst Hochburgen der schwäbisch-alemannischen Fasnet beherrschte, wie es im Laufe des 20. Jahrhunderts zu einer Veredelung und Ästhetisierung der Narrenfiguren gekommen ist und machen aber auch deutlich, was die Fasnet heute durch ein Übermaß an Uniformität und Reglementierung an Urwüchsigkeit und Vielfalt eingebüßt hat. Sie zeigen also eine Fasnet anderer Schönheit, die ja bekanntlich ohnehin im Auge des Betrachters liegt, sie spiegeln den jeweiligen Zeitgeist wider, aber auch die große Begeisterung, mit der die Fasnet schon in früheren Zeiten gefeiert wurde und halten Kuriositäten und Raritäten wie Elzacher Schuddig mit Villinger Narrolarven oder Bad Dürrheimer Gretele mit Wachslarven für die närrische Nachwelt fest.

Kurzum, dies ist ein Buch, das nur darauf gewartet hat, gemacht zu werden, und das man als Fasnetsfreund immer und immer wieder gern in die Hand nehmen und Gleichgesinnten verschenken wird. Es bleibt zu hoffen, dass Wulf Wager den reichen Fundus an gesammelten Bildzeugnissen der schwäbisch-alemannischen Fasnet nutzt, um uns in Zusammenarbeit mit dem Silberburg-Verlag Tübingen, der sich mehr und mehr zum Fachverlag für Fasnetsliteratur entwickelt, eine weitere Zeitreise in die Vergangenheit dieses faszinierenden, liebenswerten Brauchs zu schenken.

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